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Ursprung von Omikron Corona-Variante Omikron wurde anfangs „einfach übersehen“

Quelle: Pressemitteilung Charité – Universitätsmedizin Berlin

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Die Omikron-Variante gab der Corona-Pandemie Ende 2021 neuen Schub und dominierte kurz nach ihrer Entdeckung bereits das globale Infektionsgeschehen. Eine neue Studie im Fachmagazin Science untersucht die Entstehung dieser Mutation und zeigt, dass Omikron deutlich früher auftrat als bisher angenommen.

PCR-Gerät für den Nachweis von Erregern wie SARS-CoV-2 (Symbolbild)
PCR-Gerät für den Nachweis von Erregern wie SARS-CoV-2 (Symbolbild)
(Bild: Charité/Arne Sattler)

„Das“ Coronavirus gibt es nicht. Abgesehen von der Tatsache, dass Coronaviren in verschiedenen Ausprägungen schon seit den 1960er Jahren bekannt sind, ist selbst die seit 2020 bekannte Art SARS-CoV-2 nicht nur eine einzelne Sorte von Virus. Zahlreiche Varianten (Mutationen) des Erregers haben sich in den zurückliegenden knapp drei Jahren entwickelt und dem griechischen Alphabet von Alpha bis Omikron einen bitteren Beigeschmack verliehen.

Den bisher größten Sprung in der Evolution von SARS-CoV-2 beobachteten Forscher vor einem Jahr in einer Variante, die sich durch mehr als 50 Mutationen vom Erbgut des ursprünglichen Virus unterschied. Erstmals Mitte November 2021 bei einem Patienten in Südafrika nachgewiesen, erreichte die später als Omikron BA.1 bezeichnete Variante innerhalb weniger Wochen 87 Länder der Erde. Bis Ende Dezember 2021 hatte sie die zuvor dominierende Delta-Variante des neuen Coronavirus weltweit verdrängt.

Seither wird über den Ursprung der sich so rasant ausbreitenden Omikron-Variante spekuliert. Diskutiert werden vorrangig zwei Hypothesen:

  • Zwischenstation Tier: Eine Theorie ist, das Coronavirus sei vom Menschen auf ein Tier übergesprungen und habe sich dort weiterentwickelt, bevor es als Omikron wieder einen Menschen infizierte.
  • Unterdrücktes Immunsystem: Die andere Theorie geht davon aus, das Virus habe in einem Menschen mit unterdrücktem Immunsystem für längere Zeit überdauert und sich dort verändert.

Welche Theorie stimmt, hat ein internationales Forschungsteam um Prof. Dr. Jan Felix Drexler untersucht, der als Wissenschaftler am Institut für Virologie der Charité und am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) tätig ist. Er wertete mit seinem Team Covid-19-Proben neu aus, die schon vor der Omikron-Entdeckung in Südafrika gesammelt worden waren. Das Ergebnis der Untersuchung widerspricht nun beiden Ursprungs-Hypothesen zu Omikron.

Omikron gab es eher als bisher gedacht

Durchgeführt wurde die Analyse von einem Innerhalb des europäischen und panafrikanischen Netzwerks maßgeblich an den Analysen beteiligt waren die Universität Stellenbosch in Südafrika und das Referenzlabor für hämorrhagische Fieber in Benin. Die Wissenschaftler entwickelten zunächst einen speziellen PCR-Test, um die Omikron-Variante BA.1 spezifisch nachweisen zu können. Diesen wandten sie dann bei mehr als 13.000 Proben aus 22 Ländern Afrikas an, die zwischen Mitte 2021 und Anfang 2022 abgestrichen worden waren. Dabei fand das Forschungsteam Viren mit Omikron-spezifischen Mutationen bei 25 Menschen aus 6 verschiedenen Ländern, die bereits im August und September 2021 an Covid-19 erkrankt waren – also zwei Monate vor dem ersten Nachweis der Omikron-Variante in Südafrika.

Entstehung der Variante nicht allein in Südafrika

Um mehr über die Entstehung von Omikron herauszufinden, entschlüsselten die Forscher zusätzlich bei rund 670 Proben das virale Erbgut. Durch eine solche Sequenzierung ist es möglich, neue Mutationen zu erkennen und auch unbekannte Viruslinien nachzuweisen. So entdeckte das Team mehrere Viren, die unterschiedlich starke Ähnlichkeiten mit Omikron aufwiesen, aber eben nicht identisch waren.

„Unsere Daten zeigen, dass Omikron verschiedene Vorläufer hatte, die sich miteinander mischten und zur selben Zeit und über Monate hinweg in Afrika zirkulierten“, erklärt Prof. Drexler. „Das deutet auf eine graduelle Evolution der BA.1-Omikron-Variante hin, während der sich das Virus immer besser an die vorhandene Immunität der Menschen angepasst hat.“ Aus den PCR-Daten folgern die Forscher darüber hinaus, dass die Virusvariante schrittweise über mehrere Monate in verschiedenen Ländern Afrikas entstand. Der Ursprung von Omikron liegt also nicht allein in Südafrika, aber dort dominierte die Variante als erstes das Infektionsgeschehen und breitete sich dann innerhalb weniger Wochen von Süd nach Nord über den afrikanischen Kontinent aus.

„Einfach übersehen“

Was ist nun das Fazit der Untersuchungen von Drexler und seinem Team? „Das plötzliche Auftreten von Omikron ist nicht auf einen Übertritt aus dem Tierreich oder die Entstehung in einem immunsupprimierten Menschen zurückzuführen, auch wenn das zusätzlich zur Virusentwicklung beigetragen haben könnte“, fasst der Studienleiter zusammen. „Dass wir von Omikron überrascht wurden, liegt stattdessen am diagnostischen blinden Fleck in großen Teilen Afrikas, wo vermutlich nur ein Bruchteil der SARS-CoV-2-Infektionen überhaupt registriert wird.“

Die Entwicklung von Omikron sei dem Forscher zufolge also einfach übersehen worden. „Deshalb ist es wichtig, diagnostische Überwachungssysteme auf dem afrikanischen Kontinent und in vergleichbaren Regionen des globalen Südens jetzt deutlich zu stärken und den Datenaustausch weltweit zu erleichtern“, empfiehlt Drexler. Nur eine gute Datenlage könne dafür sorgen, dass potenziell wirksame Eindämmungsmaßnahmen wie Reisebeschränkungen zum richtigen Zeitpunkt ergriffen werden und möglichst wenig wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden anrichten.

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Originalpublikation: Fischer C. et al.: Gradual emergence followed by exponential spread of the SARS-CoV-2 Omicron variant in Africa, Science 2022 Dec 01; DOI: 10.1126/science.add8737

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